Auf dass das Feuer nicht verlöscht. Orte des burn on

Kommentar publiziert in FAMA 1/07

„Burnout“ ist ein hässliches Wort. Es riecht nach verkohlten Bäumen, verbrannten Feldern und Rauchschwaden. Und weil das Gerede von Backlash und Burnout den Blick vernebeln kann, gilt es, Ausschau zu halten nach Orten, in denen die Glut am Glimmen gehalten wird, nach Stätten feministischen Handelns. Solche Orte des Burn on gibt es, – zur Überraschung derer, die der Terrorismus- und Kopftuchdebatten müde sind – auch und gerade in islamischen Ländern zu entdecken. Einige beleuchte ich blitzlichtartig und zoome am Ende zurück auf die Schweiz.

Mahgreb

In Marokko hat das, 2004 erlassene Familiengesetz einen Liberalisierungsprozess in Gang gesetzt. Das Gesetz anerkennt erstmals in der Geschichte die Gleichstellung der Geschlechter bezüglich „Haushaltvorstand“ sowie die Möglichkeit, im Scheidungsfall das Sorgerecht der Mutter zuzusprechen. Dass sich damit die Stellung der Frau verbessert hat ist gerade auch dem jahrelangen Engagement religiöser Frauen zu verdanken, die sich in den harten Zeiten des politischen Islam der 90er Jahre in den gesellschaftlichen Diskurs eingeschaltet hatten und sich durch feministische Neuinterpretationen religiöser Texte ihre islamischen Traditionen wieder zu eigen gemacht haben. Gleichzeitig haben sich liberale Feministinnen zu Bürgerverbänden zusammen geschlossen und so an Einfluss gewonnen.
In Algerien ist die Frauenbewegung in den blutigen Jahrzehnten des Bürgerkrieges durch ein Wechselbad gegangen. Nun erstarkt sie wieder, sodass ihre Exponentinnen die Gesellschaft mitgestalten können, ohne um ihr Leben fürchten zu müssen. An den algerischen Universitäten studieren momentan mehr Frauen als Männer.

Mittlerer Osten

Der Iran ächzt seit der Revolution von 1979 unter der religiösen Herrschaft der Mullahs. Die Hoffnungen der Frauen auf mehr gesellschaftliche Mitbestimmung wurden herb enttäuscht. Unter der Regierung von Ministerpräsident Chatami war ein wenig Tauwetter, das jedoch schnell vorüber ging. Nichtsdestotrotz sind 60% der StudentInnen an iranischen Universitäten Frauen und mutige Frauen wie Schirin Ebadi, die Friedensnobelpreisträgerin engagieren sich für Frauen-, Kinder und Menschenrechte.
Frauenorganisationen in Palästina haben angesichts der jüngsten innerpalästinensischen neuen Gewaltkonflikte kaum Möglichkeiten, feministisch-politische Anliegen einzubringen. Trotz widriger Umstände finden sich aber immer wieder Handlungsspielräume. So zum Beispiel in den drei Zentren des Women’s Empowerment Project in Gaza, wo Frauen, die von häuslicher, militärischer und struktureller Gewalt betroffen sind Beratung und Bildungsmöglichkeiten erhalten.
Ebenso ist ökonomisches Empowerment Thema: Beduininnen in der Negevwüste erwirtschaften sich durch das Weben von Teppichen ein eigenes Einkommen und lernen daneben lesen und schreiben.
Weiter werden Frauen durch das Eingehen von Bündnissen Frauen als Akteurinnen aktiv. So engagieren sich im „Jerusalemer Link“ Israelinnen und Palästinenserinnen gemeinsam für mehr Einfluss von Frauen in der Politik. Sie lobbyieren in dieser Internationalen Frauenkommission für die Umsetzung der UNO-Resolution 1325 und damit für die Beachtung der Genderaspekte in der Friedenspolitik.

Schweiz

Auch am Burn on hierzulande sind engagierte islamische Frauen beteiligt.
Auf nationaler Ebene wurde eine Initiative für ein Verbot von Zwangsheiraten lanciert. Eine Sensibilisierungskampagne machte auf das Thema der Beschneidung von Migrantinnen vor allem aus Ostafrika aufmerksam.
Immer wieder kommen Frauen aus der zweiten und dritten Einwanderungs-Generation zu Wort, sei es in den Medien, an Podien oder innerhalb feministischer Organisationen.

Esther Gisler.