Damit es anders wird zwischen uns. Interreligiöser Dialog aus der Sicht von Frauen

S t r a h m , Doris / K a l s k y, Manuela (Hg.):
Damit es anders wird zwischen uns. Interreligiöser Dialog aus der Sicht von Frauen 159 S.
Verlag Grünewald, Ostfildern 2006

Der gesellschaftliche Horizont der Artikelsammlung in diesem Band ist die Wiederkehr des Religiösen in einem säkularisierten und entkirchlichten Europa und weltweit spätestens seit den Ereignissen des 11. September 2001.
Der Band ist in vier Teile gegliedert. Der erste unter dem Titel Dialog – Begegnung – Interreligiöse Kommunikation definiert anhand der Ergebnisse zweier Projekte die Rahmenbedingungen für einen gelingenden interreligiösen Dialog. Beachtung verdient in diesem Zusammenhang das Projekt „Sarah-Hagar“ in Berlin, welches die rein interreligiöse Dimension sprengt und sowohl religiös, als auch politisch engagierte Frauen miteinander ins Gespräch bringt. Als Ort des Einübens von respektvollem Umgang mit der je Anderen ist diese Initiative ein Beispiel eines Dialogs unter Gestalterinnen der Zivilgesellschaft.
Im zweiten Teil mit dem Titel Religiöse Identitätsfindung In pluralistischen Gesellschaften schildern je eine Vertreterin der drei monotheistischen Religionen Islam, Christentum und Islam die Suche nach einer religiösen Identität im europäischen Kontext. Interessant dabei ist die je eigene Herangehensweise und der persönliche Zugang zu diesem Thema.
Der dritte Teil unter dem Titel Migrantinnen, Religion und Gesellschaft nimmt das Thema der Migration in den Focus. Darin kommen sowohl die emotionsgeladene Kopftuchdebatte zur Sprache, wie auch die interessengeleitete Wahrnehmung von Migrantinnen. Ergänzt wird dieser Teil durch einen Briefwechsel zwischen einer Christin und einer Muslima zum Thema Verschleiern und Entschleiern.
Der letzte Teil, wie mir scheint der zukunftweisende, der unter dem Titel steht Nachdenken über Religion und Ethik. Das gute Leben für alle – ethischer Horizont für den interreligiösen Dialog ist eine Dokumentation eines gemeinsamen Suchprozesses einer muslimischen Islamwissenschaftlerin, einer jüdischen Religionspädagogin und einer christlichen Theologin entlang der Frage nach den Voraussetzungen für ein friedvolles und gerechtes Zusammenleben in unseren multireligiösen und pluralistischen Gesellschaften. Die Beteiligten kommen im Verlaufe ihres Gesprächs zu der Überzeugung, dass interreligiöser Dialog als Einübung in eine Praxis der Anerkennung des /der Anderen eine Basis sein kann für die Einmischung in gesellschaftliche Debatten angesichts der drängenden Probleme in einer globalisierten Welt. Die drei Frauen kommen dann zum Schluss, dass es neben dem inter- ebenso den innerreligiösen Dialog braucht. Das allen drei Religionen zu Grunde liegende Konzept der Gerechtigkeit soll vom Ort jener her definiert werden, welche marginalisiert werden; das sind innerhalb der Religionen vor allem Frauen. „Gutes Leben für Alle“ ist demnach ein ethisches Konzept, welches den abstrakten Begriff der Gerechtigkeit auf den Boden holt.
Diese Publikation gibt einen breiten Überblick über die aktuelle Diskussion vor allem im deutschsprachigen Bereich und ist ein Lichtblick in einer Zeit, wo der interreligiöse Diskurs in den Medien von Männern dominiert wird und im neu konstituierten „Rat der Religionen“ allein Männer das Sagen haben.

lic. sc. rel. Esther Gisler.